Sonntag, 4. November 2018

Meine Welt (alter Essay)


Moin,

ich habe mich während der Osterferien mal rangesetzt und für Philo, 12. JG, ein kurzes Essay zur These Ludwig Wittgensteins "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt" verfasst.

Erörternder Essay

Die These:
„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ - Ludwig Wittgenstein

Im Folgenden geht es um die obige These. Zuerst soll die Bedeutung der These geklärt werden. Im Anschluss wird die These bewertet.

Die Analyse:
Die Grenzen meiner Sprache: Meine Sprache + Die Grenzen

Meine: „Meine“ als Possessivpronomen kann sich in diesem Kontext einerseits auf die einzelne Person, Ludwig Wittgenstein, beziehen, aber andererseits sich auch auf die Menschheit an sich in Abstufung zu anderen Populationen mit komplett anderen Sprachen und Welten beziehen. In diesem Falle würde Ludwig Wittgenstein als Mensch für alle Menschen sprechen. Ich werde den Essay jedoch auf der Annahme basieren lassen, dass Wittgenstein im Zitat für sich selbst spricht. Das hat nämlich den Vorteil, dass man dadurch später auch noch die zwischenmenschlichen Grenzen der Sprache genauer untersuchen kann.

Sprache: Sprache ist die Art und Weise, etwas auszudrücken.
Hierbei kann Sprache jegliche Form des Ausdrucks oder der Informationsübertragung sein.
In vielen Populationen ist sie überlebenswichtig, so dient sie z.B. beim Menschen zur sozialen Interaktion, bei Tieren zum Warnen vor Feinden. Letztendlich bestehen wir auf Basis der Sprache, insofern dass unsere DNA durch Kodierungen unsere Körperzellen bilden lässt.
Beispiele für Sprache: Verbalsprache: Deutsch, Hochdeutsch, Bildungssprache, Chinesisch, Gestik & Mimik , Kunst, Wau-Wau, Kikeriki, Schrift, Zeichenfolgen von DNA-Nukleotiden

Die Grenzen meiner Sprache: Die Sprache des Einzelnen ist auf der einen Seite dadurch begrenzt, dass sie nur von Individuen verstanden und verarbeitet werden kann, die selbst diese Sprache sprechen. In diesem Fall liegt die Grenze außerhalb des Senders. Der Sender kann noch so viele Sprachen bzw. Mittel des Ausdrucks beherrschen, wird aber nicht verstanden, wenn die anderen die Signale nicht dekodieren können. Auf der anderen Seite ist die Sprache des Einzelnen dadurch begrenzt, dass der Sender nur begrenzt viele Möglichkeiten des Ausdrucks kennt. Die Fähigkeiten der Sprache hängen von Vererbung und Erziehung ab. In diesem Fall liegt die Grenze innerhalb des Senders.


Die Grenzen meiner Welt: Meine Welt + Die Grenzen

Meine Welt: „Meine Welt“ bezeichnet im Gegensatz zu „die Welt“ die Welt, wie sie jede einzelne Person in ihrem Leben individuell wahrnimmt. „Meine Welt“ ist der unterschiedliche Bezug zwischen Welt und Individuum. Z.B. würde ein ungebildeter, reicher, glücklicher Herr beim Durchqueren einer grünen Wiese weniger auf vierblättrige Kleeblätter achten als ein armer. Je nach Veranlagung und Entwicklung nimmt jeder „seine“ Welt unterschiedlich wahr. Veranlagung und Entwicklung führen auch zu verschiedenen Handlungen und Verhaltensweisen. 

Die Grenzen meiner Welt: „Die Grenzen meiner Welt“ sind einerseits durch physische Gegebenheiten wie z.B. Aussehen, Einsperrungen, andererseits durch psychische Gegebenheiten wie z.B. Sucht, Denken, Sprache gegeben. Auch äußere Gegebenheiten wie z.B. fehlende Menschen, kein Essen begrenzen die eigene Welt.

bedeuten: Das Verb „bedeuten“ stammt vom Nomen „Bedeutung“.
„Bedeutung“ ist unterschiedlich definiert. Drei Definitionen kommen für mich hier in Frage.

1. für die Definition eines Begriffs; Beispiel: „Die Bedeutung von ‚Junggeselle‘ ist ‚unverheirateter Erwachsener‘.“
5. für die Bedeutsamkeit von etwas. Beispiel: „Dieses Erlebnis war von großer Bedeutung.“
6. für das Verursachende in einem kausalen Zusammenhang. Beispiele: „Rauch bedeutet Feuer“ oder „Die vielen Fehler bedeuten, dass er unter Stress steht“.
(Wikipedia: Bedeutung:  http://de.wikipedia.org/wiki/Bedeutung_%...philosophie%29, Stand: 15.04. 2011)

Anfangs schien mir die erste Definition auf den ersten Blick recht sinnig:
„Die Grenzen meiner Sprache = die Grenzen meiner Welt.“
Allerdings fiel schnell auf, dass die Sprache nur einen Teil der Grenzen ausmacht. Andere Grenzen wie z.B. das Aussehen eines Menschen begrenzen schließlich auch die eigene Welt.
Es könnte aber auch eine Übertreibung sein, insofern, dass die Grenzen der Sprache so wichtig und bedeutsam für die Grenzen der Welt sind, dass andere Grenzen nicht mehr genannt werden. Das würde dann auch Definition 5 ähneln.
Letztendlich passen die Definitionen 5 und 6, nach denen die Grenzen der Sprache, die Grenzen der Welt zur Folge haben oder bedeutsam für diese sind, am besten.
Mathematisch betrachtet macht es so auch mehr Sinn.

Die Grenzen meiner Sprache => Die Grenzen meiner Welt

Meine Sprache + Die Grenzen => Meine Welt + Die Grenzen | - Die Grenzen

Meine Sprache => Meine Welt

Meine Sprache führt zu meiner Welt, in der ich lebe.
Meine Sprache ist bedeutsam für die Welt, in der ich lebe.

Die umgekehrte Wirkung, dass die Welt auch auf die Sprache wirkt, möchte ich im Essay nicht weiter erläutern, da die These Wittgensteins diese weder nennt noch ausschließt.
Inwiefern die Sprache auf die Welt des Einzelnen wirkt und welche Grenzen der Sprache zu Grenzen in der Welt führen, wird nun näher betrachtet.

Hier folgen nun mehrere Beispiele für verschiedene Grenzen der Sprache und deren Wirkung auf die Welt:

1.) Peter kann nur Deutsch sprechen. à Seine Welt ist begrenzt, weil er nur mit gleichsprachigen Menschen kommunizieren kann. Das Fehlen anderer Sprachen macht wahrscheinlicher, dass sein Verhalten weniger durch anders sprachige Werbung beeinflusst wird. Weil er die Sprachen außerhalb Deutschlands nicht spricht, bleibt er eher im Lande. Das Erlernen neuer Sprachen überwindet Grenzen in seiner Welt.
2.) Max spricht sehr schlechtes Deutsch à Max‘ Welt ist im Vergleich zu Peters zusätzlich dadurch begrenzt, dass er nicht in der Lage ist, seine Gedanken verständlich auszudrücken. Er hat weniger Chancen auf höhere Jobs wie z.B. im Management-Bereich. Der begrenzte Wortschatz begrenzt seine Welt.
Die untere soziale Schicht ist sozusagen seine Welt.
3.) Fabian hat Germanistik studiert und ist ein wahres Deutsch-Ass à Der hohe Bildungsgrad und das hohe sprachliche Niveau begrenzen seine Welt, weil er mehr dazu neigt mit ähnlich gebildeten Leuten sich zu umgeben und somit eine Grenze in seiner Sozialität zieht. Auch Hobbies könnten eingegrenzt sein. In seiner gibt es wahrscheinlich Bücher statt Fernsehen.
4.) Manfred kann aufgrund einer genetischen Veränderung in seinem Sprachzentrum nicht richtig sprechen. à Er lebt in einer Welt, in der er auf andere Kommunikation angewiesen ist. Er kann sich bspw. durch Schrift verständigen.
5.) Miriam hat zusammen mit Fabian Germanistik studiert, aber kann zudem auch sehr gut malen à Ihre Welt ist weniger begrenzt als die von Fabian. Die Kunst bietet ihr viel mehr Spielraum, etwas auszudrücken. Über die Kunst kann sie anderssprachige Menschen erreichen. Zusätzlich kann sie in der Kunst Dinge ausdrücken, die sich mit Schriftsprache gar nicht ausdrücken lassen. Dazu zählen Gefühle oder sehr schreckliche Vorfälle wie der Holocaust, der sich in seiner Schrecklichkeit gar nicht in Worte fassen lässt. 

Interpretiert man „meine Sprache“ weiter, kann man auch meinen, dass damit die Sprache der Gene in einem selbst gemeint ist. Das heißt, dass die Anordnung der DNA-Nukleotide als Zeichenfolge festlegt, was für ein Mensch sich daraus entwickelt. Die Sprache der Gene bestimmt dann später die Welt, in der man lebt. Man lebt dann in einer Welt mit oder ohne vererbte Krankheiten.


Abschließend fasse ich zusammen: Die These Wittgensteins ist logisch und stimmt. Die Logik wurde oben überprüft. Ich schätze, dass Wittgenstein entweder aus einer unteren Gesellschaftsschicht kam, durch schlechte Bildung und unausgereifte Sprache in dieser eingesperrt war und sich darüber ärgerte oder aus einer höheren Gesellschaftsschicht kam und sich für die Probleme anderer einsetzte.

 21.04.2011 00:53




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