Freitag, 23. August 2019

Was denkt der andere?

Der alte Mann an der Straße draußen
sieht wie ein Islamist aus.
Mutig, mutig
so herum zu laufen.
Weißer Turban und Bart grau-weiß
er bewegt sich nur in kleinem Umkreis
und scheint zu warten.
Auffällig aufmerksam sieht er aus,
er sieht umher und geht bedacht.
Weiser Mann,
sieht friedlich und voller Ruhe aus,
aber er fällt auf.
Wie der aussieht,
da könnte man sonst was denken,
auch dieses unhektische Verhalten,
normal ist das nicht, muss man meinen.
Boooom!!!
Hoppla, er war ja doch einer.

Mittwoch, 7. August 2019

Gott ist ein Maulwurf

Man erzählte einmal, ein Gott oben im Himmel würde das Menschentreiben auf der Erdoberfläche beobachten.
Viele Jahre hatte man daran geglaubt und sich selbst beobachtet, ob man gut genug sei.
Ehrfurcht, Angst vor Sünde und Strafe, regierte den Menschen.
Eine Demut im Sinne der Inschrift des Apollotempels „Erkenne dich selbst“,
sich seiner Stellung als Mensch und der Begrenztheit(in Wissen, Wahrheit und Erkenntnisvermögen) sicher zu sein.
Für die Menschen, geblendet von der Sonne, muss es absurd klingen, dass der Baum in Wirklichkeit viel mehr ist als ein Name, der seinem Aussehen zugeordnet ist. 
Seit dem Apfelraub vom Baum der Erkenntnis hätte Gott die Welt verflucht, dass der Mensch nur noch die Gegenseite der Dinge erkennen kann.
Was wäre, wenn Gott auf der anderen Seite der Erde wäre?
Was, wenn Gott in der Gestalt des blinden Maulwurfs unter der Erde statt über der Erde lebt?
Darf man sich das vorstellen oder wird er im Himmel noch gesucht?
Man muss und darf sich ja kein Bild von Gott machen, aber es sollte reichen, sich ein Bild von einem Maulwurf zu machen. Wir wissen ja, wer er wirklich ist. :)
Was wäre, wenn der Maulwurf uns nicht Antworten für das Erdenleben liefern könnte – denn er sieht es nicht und kann es nicht überprüfen – sondern Fragen zu unserer Sicht und Wahrnehmung stellen würde?
Wie finde ich das hier Angebotene und Dargebotene? Aber warum finde ich das eigentlich?
Könnte der Maulwurf uns nicht durch Fragen zu Erkenntnis und Selbsterkenntnis bringen?
Wer bin ich? Ich. Ist mein Wille mein Wille? Ja. Äh, woher weißt du das? Der Maulwurf könnte uns, weil er im Nicht-sehen geübt ist, auf andere Sichtweisen bringen. Der Maulwurf ist Meister der Vorstellung, was man alles sehen könnte.
Die Hoffnung wäre, dass der Maulwurf die Menschen lehrt, sich selbst und die Umwelt genau zu beobachten. Dass nicht blind Angebotenes auf ungestellte Nachfrage angenommen wird. Die Liebe zur Wahrheit macht blind, dass übersehen wird, wer die Wahrheit anbietet.
Der Maulwurf könnte dem Menschen zeigen, dass die Wahrheit umfassender wird, je mehr wahre Antworten er zu einer Sache findet. Neuen Fragen folgen neue Antworten und neuen Antworten folgt die Frage nach der Bewertung.
Der blinde Maulwurf sollte den Zweifel lehren an den vermeintlich erkannten Gewissheiten.
Dem Maulwurf kann man glauben, wenn er sagt, dass nichts als der Tod sicher ist.
Ja, der Maulwurf wäre Gott. Zwar könnte er nicht wie der Mensch das Gute sehen, aber viel besser: er kann am Guten zweifeln!

Sonntag, 4. August 2019

Ein Graureiher unter der Trauerweide

Ein Graureiher unter der Trauerweide
lag dort eine lange Weile,
ungestört und alleine,
bis eine Krähe steckt ihren Kopf in seine Bleibe.
Die Krähe lässt sich ihren Übermut nicht ankreiden,
Neugier ist gut, und fängt an zu meinen:

Großer, grauer Vogel, du hier allein?
Es gibt keinen Grund traurig zu sein.
Die Weide umgrenzt dich wie ein Käfig,
flieg und lieg kräftig in der Luft.
Sei ein Vogel, sei leicht,
sei frei von Tränen und Trauer.
Du gefangen unter dem Trauerschleier,
ich dazu mit Trauerkleidern,
da geht’s nicht anders
als mitzuleiden.

Diese Krähe ist nicht klug
und glaubt nur
wie es dem Graureiher geht.

Ein Vogel, der nicht fliegen will...
Ein Vogel, der freiwillig im Käfig sitzt...
Freiwillig allein und traurig sein...

Die Krähe kann sich nicht vorstellen,
wie man sich freiwillig kann entscheiden
unter diesem Baum zu weilen.

Wie kann man nur...
Ich an deiner Stelle...

Der Graureiher seufzt genervt:

Du hast eine blühende Fantasie, liebe Krähe.
Liebe schwarze Krähe, ich bin nicht du.
Ich bin frei.