Sonntag, 24. Juli 2016

[Dialog] Alter Sarg & Alter Sack

Dialog: Alter Sack & alter Sarg


Alter Sack:
Wo bin ich hier? Warum fühle ich meinen Körper nicht mehr?

Alter Sarg:
Du bist tot, mein Freund. Du bist jetzt in Sicherheit. Alles wird gut.

Alter Sack:
Was? Wo zur Hölle bin ich? Und wer spricht da? Gott?

Alter Sarg:
Ich bin es. Ein alter Sarg.
Ich bin ja so glücklich, dich kennenzulernen.

Alter Sack:
Um Himmels Willen, kneif mich doch bitte jemand, dass ich aus diesem bösen Traum schnellstmöglich erwache!

Alter Sarg:
Keine Sorge. Du schläfst nicht. Du bist tot. Aber nicht im Himmel, sondern mit mir zusammen für alle Ewigkeit 2 Meter unter der Erde vergraben. Es gibt kein Entkommen, aber auch keine Pflichten.

Alter Sack:
Ich bin erleichtert. Keine Pflichten. Kein Entkommen? Soll das heißen, meine Seele ist für immer in dieser Finsternis eingesperrt, zudem ich mich nicht bewegen kann? Was soll ich denn jetzt die ganze Zeit machen? Gibt es hier WLAN?

Alter Sarg:
Beschwer dich bitte nicht. Sei froh, dass sie dich nicht verbrannt haben, sonst hätten wir uns so vermutlich nie kennengelernt. Ich habe mir immer einen Toten gewünscht, den ich aufbewahren kann. Es war ja so langweilig als Sarg. Wie oft habe ich mich einsam und wertlos gefühlt, und musste mit ansehen, wie andere Särge außer mir gebraucht wurden.

Alter Sack:
Pah, und wie wichtig war ich für meine Enkelkinder und wie stark soll ich mich jetzt in deiner Obhut langweilen?

Alter Sarg:
Du könntest in aller Ruhe die Nachkommastellen von Pi berechnen. Oder auch Worte suchen, die sich auf Haus reimen.
Am besten wäre es aber, du berechnest die Wahrscheinlichkeit dafür, im Garten über eine Blume zu stolpern, dabei tödlich zu verunglücken, und in einem sprechenden Sarg beerdigt zu werden.

Alter Sack:


























Dienstag, 12. Juli 2016

Der braune Hund (2013)


Es war Sonntag, der 31. Februar, als Dieter schlaftrunken auf seinem Küchenboden erwachte. Der Küchenboden war weiß gekachelt und steinhart. Die Verlegung der Fliesen war damals keine günstige Angelegenheit gewesen.
Dieter hatte schlecht geschlafen. Dabei bildete der Tisch über ihm einen provisorischen Mückenschutz. Es war Sommer. Er lag gestreckt auf dem Rücken unter seinem Holztisch in der 10 m² Küche. Die Arme verschränkt als Kopfkissen unter sich. Er starrte auf die Tischplatte. Neben ihm auf dem Fußboden lagen 2 zersprungene Eier Größe M. Bio-
Eier. Dieter fror ein wenig, lag er doch fast nackt auf kalten Fliesen. Hätte er das gewusst, hätte er ein Handtuch unter sich platziert. Es war die erste Sommernacht gewesen. Dieter hatte nicht mit solch einer Kälte gerechnet. Vielleicht hatte die Übernachtung eine Erkältung zur Folge. Er hoffte nicht. Es war schwierig sich wegen selbstverschuldeter Erkältung bei der Arbeit abzumelden.
Dieter brummte der Kopf. Er litt spürbar unter Schlafentzug. Er bedauerte wirklich, nicht in seinem Bett geschlafen zu haben. Jedoch hatte es der Schimmel in seinem Schlafzimmer geschafft, ihn davon abzuhalten. Er war Samstag extra früh ins Bett bzw. auf den Boden gegangen, um genügend Zeit zu haben, sich an die ungewohnte Schlafsituation zu gewöhnen. Als er um 2 Uhr morgens immer noch nicht eingeschlafen war, richtete er sich auf und stieß sich an der Tischplatte den Schädel. Er ärgerte sich kurz über sich selbst. Weil er schon in der Küche war, wollte er sich 2 Spiegeleier machen. Zumindest war das sein Plan gewesen. Die Eier allerdings  fielen ihm vor Kopflosigkeit aus der Hand.
So lag er da, halbnackt, frierend, neben sich die 2 spiegeleierförmig aufgekommenen Eier.
Jetzt war es jedenfalls 11 Uhr 50. Dieter hatte verschlafen. Er sollte seit 8 Uhr in der Schule sein.
Dieter war 23 Jahre alt und machte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann.
Immer wieder sonntags musste er zur Berufsschule.
Insgeheim freute sich Dieter, zu Hause bleiben zu können. Zufälligerweise war auch verkaufsoffener Sonntag. Also beschloss Dieter, am Nachmittag einige Erledigungen zu machen. Vorsichtigerweise, sich nicht den Kopf stoßend, krabbelte Dieter unter dem Tisch hervor und bewegte sich in sein Schlafzimmer. Dort öffnete er den Kleiderschrank und kleidete sich fein ein.
Letztendlich trug er eine quietschrote Hose, dazu einen grünen Pullover und ein weißes Paar Nike Turnschuhe. Rot und Grün bildeten einen Komplementär-Kontrast. Das hatte Dieter mal in der Schule gelernt. Die Turnschuhe unterstrichen Dieters sportliches Erscheinungsbild. Er stellte sich vor den Spiegel und posierte in sexy Pose. Er hatte ganz vergessen, wie heiß er doch aussah. Er fasste sich an die Nase und verbrannte sich. Er war sonst nicht so narzisstisch. Eitel wie Dieter war, begab er sich ins Badezimmer und zupfte sich die Augenbrauen. Gleich darauf schaute er auf die Uhr. 12:30 Uhr. Genau die richtige Zeit für eine Tiefkühlpizza. Während die Pizza vor sich hin schmorte, besorgte Dieter vorausschauend Einkaufstaschen und den Pfandbeutel. Es sollte kein Großeinkauf werden. Er aß genüsslich die frische Salami-Pizza, die er extra mit fettarmem Käse belegt hatte. Dann lief Dieter die Treppen des Wohnblocks nach unten. Er wohnte im obersten Stock. Diese Gegebenheit unterstützte Dieters Fitnesswahn. Wahrscheinlich war er extra wegen dieses sportlichen Aspektes dort eingezogen. Gleich am Fahrbahnrand stand Dieters Fiat Panda. Dieser wirkte sportlich wie Dieter selbst. Das Auto war von Rallye-Streifen überzogen. Er bestieg das Auto.
Dann fuhr er zum nächstgelegenen Einzelhandel. 


Fortsetzung in der PDF:
https://www.dropbox.com/s/xrydnipev9y8ybl/Der%20braune%20%20Hund.pdf?dl=0